Die rätselhafte Einsamkeit in Zeiten der Digitalisierung

von | 8. Jan 2024 | Beziehungen und Kommunikation, Mentale Gesundheit und Stressmanagement | 1 Kommentar

In einer immer mehr digitalisierten Welt, wo soziale Medien und Online-Kommunikation allgegenwärtig sind, scheint das Versprechen der ständigen Vernetzung und Nähe verlockend. Doch die Realität malt ein anderes Bild. Wie verändert die digitale Welt unsere Wahrnehmung von Freundschaft, Freude und Zufriedenheit? Und welche Lösungsansätze gibt es, die uns dabei helfen, eine gesunde Balance zwischen der digitalen und realen Welt zu finden?

In einer Welt, die von digitalen Technologien und sozialen Medien durchdrungen ist, sollte man annehmen, dass wir besser vernetzt und dadurch „automatisiert“ weniger einsam sind.
Doch die Realität erzählt mir als Trainerin für Stress-, Krisen- und Konfliktmanagement eine ganz andere Geschichte:
Da ist der erfolgreiche Unternehmer, der mir sagt: „Ach wissen Sie, Frau Steigerwald, ich habe unzählige Menschen in meiner Kontakt-Liste, aber ich wüsste niemand außer Ihnen, den ich in einer Krise anrufen könnte.“
Da ist die fantastische Bloggerin, die mir erzählt, „Silke, ich habe zwar meine Ziele immer erreicht, aber trotzdem spüre ich keine Freude mehr!“
Da ist die berufstätige Mama, deren Gespräche mit ihren Freunden und Bekannten fast nur noch im – wie ich das gerne nenne – „Restaurant Whatsapp“ stattfinden.
Da ist die Geschäftsfrau, die immer erreichbar ist und alles im Griff hat. Den Alkohol am Abend jedoch nicht.
Oder die angespannte Sekretärin, die sich an ihren einsamen Abenden mit online-Shopping belohnt.

Trotz dieser scheinbar grenzenlosen Vernetzung, trotz der grenzenlosen Erreichbarkeit nimmt die Einsamkeit zu und immer mehr Menschen fühlen sich entfremdet und allein gelassen.
In diesem Artikel will ich versuchen, ein paar Gründe für dieses paradoxe Phänomen zu erklären und Lösungen anzubieten.

Die Illusion der Verbundenheit

Soziale Medien und Instant Messaging-Apps haben uns eine vermeintliche Verbundenheit gebracht. Wir können zwar mit Hunderten von „Freunden“ und „Followern“ online in Kontakt treten, aber diese Verbindungen enthüllen sich immer häufiger als oberflächlich und flüchtig.

Fehlende Nonverbale Kommunikation

Die digitale Kommunikation findet rund um die Uhr statt, aber sie reduziert mehr und mehr unsere angeborene Fähigkeit zur nonverbalen Kommunikation. Während wir online kommunizieren, gehen die so wichtigen präsenten Signale wie Mimik, Gestik und Tonfall verloren, die uns im echten Leben immer geholfen haben, unsere Empathie zu vertiefen.

Die Illusion des perfekten Lebens

Wir sehen ständig die scheinbar perfekten Leben, Figuren und Gesichter, Häuser, Jobs und die Erfolge anderer Menschen. Soziale Medien können einen Strudel des Vergleichs und der Isolation erzeugen, die wiederum Auslöser dafür sind, dass sich manche Menschen schlechter/kleiner/erfolgloser…fühlen und sich zurückziehen. Warum ist das so? In der Online-Welt reduziert sich unser inneres „Prüf- und Wahrheitsfindungs-Modul“, das in der „echten“ Welt viel schneller aufdecken konnte, was Sein und was Schein ist.

Filterblasen und Echokammern

Die Algorithmen sozialer Medien neigen dazu, uns Inhalte und Meinungen zu präsentieren, die zwar unseren eigenen Ansichten entsprechen, aber: Die Gefahr der sogenannten „Filterblasen und Echokammern“, steigt, weil wir immer seltener mit unterschiedlichen Perspektiven in Kontakt kommen. Geistige Isolation ist vorprogrammiert. Wir bilden uns zwar immer noch eine Meinung, aber die Gabe zur Selbstreflektion und die Hinterfragung unserer eigenen Intentionen minimiert sich nach und nach. Wir glauben, was wir sehen. Wir glauben, was wir hören. Wir prüfen hin und wieder noch den Wahrheits-Gehalt, vertrauen aber unserer intrinsischen Wahrnehmung immer weniger. Die innere Unsicherheit wächst und wir beginnen damit, Mauern zu bauen.

Sucht nach Anerkennung und Likes

Die Jagd nach Anerkennung und Likes in sozialen Medien kann dazu führen, dass wir unser Verhalten ändern, um online „gut da zu stehen“. Wir verlieren jedoch dabei unsere Authentizität und suchen verstärkt nach externer Bestätigung, die nicht über unseren toxischen Wohlfühl-Schatten springt, anstatt echte Verbindungen aufzubauen. Das Unterschiedliche in uns Menschen wird immer weniger als Chance erkannt, aufeinander zugehen zu können und verführt uns letztendlich in eine

Zwischenmenschliche Verfremdung

Interessanterweise zeigt sich in meinen Coachings schon länger ein weiteres Phänomen: Menschen scheinen sich online anders zu behandeln und zu verhalten als im echten Leben. Kein Wunder, dass dies zur zwischenmenschlichen Verfremdung führt. Online-Verbindungen werden immer unverbindlicher. Die Zuverlässigkeit, die durch echte Beziehungen aufgebaut wird, verliert an Stabilität. Dies führt wiederum in die Sackgassen der

Informationsflut und Ablenkung

Die digitale Welt ist geprägt von Überfluss und Ablenkung. Die ständige Erreichbarkeit und der Drang, sofort auf Nachrichten und Benachrichtigungen zu reagieren, halten uns davon ab echte Gespräche zu führen. Was bis vor kurzer Zeit noch ein „Tick“ der jüngeren Generation war, breitet sich mehr und mehr in allen sozialen und zwischenmenschlichen Bereichen aus:
Das Gespräch, das vom Handyklingeln unterbrochen wird und seinen Faden verliert. Der sprunghafte Switch von einer Whatsapp zur anderen, die jede Aufmerksamkeit unterbricht. Das Zeitkontigent das ständig überreizt wird und echte Präsenz kaum noch möglich macht.

Wie können und WOLLEN wir in Zukunft damit umgehen?
Was können wir verändern – und WOLLEN wir das überhaupt?
Wo finden wir Lösungen und sind wir bereit dafür?
Wir müssen uns bewusst sein, dass es keine Umkehr mehr gibt, und auch nicht geben muss, denn:
Digitalisierung ist kein Schreckgespenst, das uns unsichtbar verfolgt. Sie ist da. Mit all ihren vorzüglichen Hilfestellungen und Herausforderungen. Doch es ist an der Zeit, eine gesunde Balance zu finden.

Die Kunst der Balance – und der übergewichtige Griff in die Digitale Pralinenschachtel

Mir ist wichtig zu betonen, dass die Digitalisierung durchaus auch positive Auswirkungen auf die zwischenmenschliche Verbindung haben kann. Sie ermöglicht uns, mit Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt zu treten und bietet uns unglaubliche Ressourcen für Wissen und Kommunikation.

Doch um den Verlust der Verbindung und die Entfremdung zu überwinden, ist es entscheidend, bewusster und achtsamer mit den digitalen Technologien umzugehen.
Die Kunst der digitalen Entgiftung liegt in der bewussten Entscheidung, wie wir unsere Zeit online und offline verbringen. Wenn unsere „online-Zeit“ so übergriffig wird oder schon ist, dass wir keine Energie mehr für ein lebendiges offline-Leben haben, ist es Zeit für eine digitale Entschlackung.
Es gilt zunächst einen wichtigen Punkt zu beachten:

Die Dosis macht das Gift.

Ich spreche in meinen Hautnah-Coachings immer häufiger über digitale Entgiftung. Diese dient nicht „nur“ dazu, Stress abzubauen, sondern sorgt langfristig auch dafür, unsere körperliche und geistige Gesundheit zu erhalten und der Einsamkeit und Leere vorzubeugen.

Für wen ist digitale Entgiftung wichtig – Ein paar weitere Beispiele aus meiner Praxis:

Wenn meine Klienten zu mir kommen, erzählen sie mir von Schlafstörungen, Konzentrations-Schwäche oder -Ausfall, Vereinsamung und Angstzuständen. Sie erzählen von plötzlichen und völlig irrationalen Missverständnissen, Leere, unerklärlicher Traurigkeit oder Mangel an Inspiration, Freude und Zufriedenheit.

Sie fühlen sich ausgepowert, ausgenutzt, überfordert, übervorteilt, oder schlichtweg übersehen und vergessen. Sie vermissen Freunde, zuverlässige fröhliche Treffen, und vor allem Gespräche auf Augenhöhe.

Die Sehnsucht nach Verbindung

Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir sehnen uns nach Verbindung, Zugehörigkeit und brauchen zwischenmenschliche Begegnungen und verlässliche Beziehungen. Wir brauchen den Augenkontakt und die nonverbale Kommunikation, um wirklich glücklich zu sein. Wir brauchen gemeinsame Erinnerungen, gemeinsame Pläne, gemeinsames Lachen und Trauern, gemeinsames Spielen und Träumen, gemeinsames gewinnen und verlieren. Kurz gesagt: Wir brauchen gemeinsame und vor allem persönliche Zeit miteinander.

7 einfache Grund-Rezepte für eine ausgewogene Balance zwischen On- und Offline-Zeiten

Rezept 1: Grenzen setzen
Setze Grenzen und plane feste digitale Fastenzeiten ein, in denen Du ganz bewusst komplett OFFLINE bist. Für Dich, für andere und für all das, was da noch ist.

Rezept 2: Bewusste Nutzung
Wenn Du online bist, hurra. Alles erlaubt. Aber bitte verbringe und nutze auch diese Zeit ganz bewusst. Hol Dir alles, was Du brauchst: für die Arbeit oder zur Information. Aber bitte nicht mehr (so oft) einfach nur „nebenher“.

Rezept 3: Ablenkung
Wenn Dir langweilig ist, greife NICHT in die digitale Pralinenschachtel, sondern suche und biete Dir echte Realität. Werde kreativ, halte die ungewohnte „Nullrunde“, sprich das Nichts-Tun aus, und staune, wie kreativ Dein Geist werden kann.

Rezept 4: Finde wieder zurück in die Natur und Deine Natürlichkeit.
Verbringe viel Zeit im Freien ohne Handy. Egal wie das Wetter ist. Atme frische Luft und genieße die Stille oder lerne sie wieder zu entdecken. Das bringt Deinen Körper und Deinen Kopf wieder in Balance.

Rezept 5: Praktiziere Achtsamkeit und Aufmerksamkeit
Achtsamkeit und Aufmerksamkeit kannst Du üben, indem Du dich auf all das konzentrierst, was da noch alles ist, außerhalb irgendwelcher Daten-Autobahnen. Erinnere Dich wieder an die Fähigkeit das Leben mit all Deinen Sinnen wahrzunehmen.

Rezept 6: Ehrlichkeit
Sei oder werde wieder ehrlich. Mit Dir. Nähre Deinen Zugang zu Dir selbst. Vielleicht isst du ja schon lange bewusst, vegan, vegetarisch, achtest auf Nachhaltigkeit. Doch dann nimmst Du das Handy mit ins Bett oder spielst zum „abschalten“ noch ein Spiel? Ich bitte Dich! Nimm das Wort abschalten wortwörtlich und schalte ab. Und noch ein kleiner Hinweis: Digitale Geräte (TV, Handy, Alexa, Wecker, etc. haben im Schlafzimmer nichts zu suchen. Sie rauben Dir nicht nur Deine echten Träume, sondern auch Deine gesamte Privatsphäre.
Und last but not least, weil bei einer LebensDolmetscherin aller guten Dinge 7 sind:

Schritt 7: Lerne wieder richtig lernen
Lernen bedeutet für mich als LebensDolmetscherin nicht nur die bloße Anhäufung von Wissen, sondern auch den Zugang zu unserer tief verwurzelten Weisheit wieder zu entdecken, denn:
In der faszinierenden Reise des Lernens offenbart sich nicht nur die Schatztruhe des Wissens, sondern auch der verborgene Pfad zur eigenen inneren Weisheit.

In meinen Seminaren und auch in der LebensDolmetscher-Ausbildung begibst Du Dich auf die faszinierende Reise des Präsenz-Lernens. Entdecke das neue Lernen, das Dir Wissen durch Verstehen aller 7 Lebens-Ebenen schenkt und gleichzeitig auch die verborgene Weisheit in dir zum Strahlen bringt. Ein Abenteuer, das ich als LebensDolmetscherin gerne mit Dir gemeinsam erkunde und gestalte.

Lass uns gemeinsam die herkömmlichen Grenzen des Lernens durchbrechen und hautnah neue Horizonte erkunden. Um gemeinsam zu verstehen und zu wachsen. Zu unserem eigenen Wohl und zum Wohle aller.

WEIL DU WICHTIG BIST.

1 Kommentar

  1. Christine aka Frau vom Main

    Liebe Silke,
    Endlich sagt – schreibt – es mal jemand!
    Ja, unser Verhalten mit Social Media etc. „schummelt“ uns Nähe und Verbundenheit unter. Kann jedoch nie eine echte Begegnung ersetzen. Und ja, es macht einsam, wenn kein Korrektiv da ist. Und stellt, teilweise, vollkommen übersteigerte Lebensmuster vor. Die bei den Betrachtern Druck auslösen können.
    Ich vergleiche das gerne mit der sogenannten „Herzblatt-Journalie“. Auch da wird mit Annahmen, Unwahrheiten und bunten Bildern ein übersteigertes Niveau gezeigt.
    Und ja, du schreibst es, es wird kein Zurück aus unserer medialen Welt mehr geben. Es liegt an uns, was wir daraus machen. Vielleicht hilft es, sich zu verhalten wie mit den bunten Blättern der Herzblatt-Presse. Dosieren und nur beim Friseur, Wartezimmer und in der Bahn lesen. 😜

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Silke Steigerwald